Gemeinschaftstagung der Entomofaunistischen Gesellschaft e. V. und der Entomologenvereinigung Sachsen-Anhalt e. V.

Am 31. 10.2015 fand im Anhaltischen Berufsschulzentrum "Hugo Junkers" in Dessau die Gemeinschaftstagung der Entomofaunistischen Gesellschaft e. V. und der Entomologenvereinigung Sachsen-Anhalt e. V. statt.

Hier der Link von den Vorbereitungen der Tagung!

Tagungsbericht

Gemeinschaftstagung der Entomofaunistischen Gesellschaft e. V. und der Entomologenvereinigung Sachsen-Anhalt e. V. 2015 in Dessau

Am 31. 10.2015 fand im Anhaltischen Berufsschulzentrum "Hugo Junkers" in Dessau die Gemeinschaftstagung der Entomofaunistischen Gesellschaft e. V. (EFG) und der Entomologenvereinigung Sachsen-Anhalt e. V. (EVSA) statt.

Zunächst konnte der Vorsitzende der EFG, Prof. Bernhard Klausnitzer, zwei verdienstvolle Fachkollegen der EVSA mit der aus feinstem Meißner Porzellan gearbeiteten Ehrenmedaille der Entomofaunistischen Gesellschaft auszeichnen. Wolfgang Bäse (Lutherstadt Wittenberg) wurde für seine faunistischen Arbeiten über der Käfer des Landkreises Wittenberg, die Chrysomelidae des Landes Sachsen-Anhalt sowie die intensive entomologische Nachwuchsarbeit am Lucas-Cranach-Gymnasium Wittenberg geehrt. Durch die umfangreiche Unterstützung der Faunistik im Land Sachsen-Anhalt, seine Arbeiten an den Staphylinidae sowie die Leistungen als Regionalkoordinator für Sachsen-Anhalt im Rahmen des online-Kataloges der Käfer Deutschlands erwarb sich Andreas Schöne (Dessau) Meriten. Dr. Timm Karisch hielt hierzu eine gelungene Laudatio, welche beide Koleopterologen ausgiebig würdigte und in eine Linie mit den Arbeiten des Monsignore Adolf Horion stellte.

Ehrung Gemeinschaftstagung EFG und EVSA 2015

Ehrung der sachsen-anhaltischen Koleopterologen Andreas Schöne (2. v. l.) und Wolfgang Bäse (3. v. l) durch den Vorsitzenden der EFG, Prof. Bernhard Klausnitzer (1. v. l.) mit der Ehrenmedaille der Entomofaunistischen Gesellschaft e. V. Dr. Werner Malchau , Vorsitzender der EVSA (r.) gratulierte im Namen der EVSA.

Anschließend begann das sehr informative Tagungsprogramm, welches sich vorwiegend bislang eher vernachlässigten Artengruppen widmete. Am Beginn stand Prof. Bernhard Klausnitzer, welcher über „25 Jahre Entomofaunistische Gesellschaft: Bilanz und Perspektive“ referierte: Die Tagungsteilnehmer erfuhren eindrucksvolle Fakten - zahlreiche wegweisende Publikationen und Vorhaben wurden durch die Entomologen der EFG realisiert. In der Gesamtschau wurde deutlich, welche intensive Arbeit hier geleistet wurde - nicht zu vergessen der Beitrag Bernhard Klausnitzers, der immer wieder Projekte auf den Weg bringt und sich permanent in deren Umsetzung engagiert!

Dr. Werner Witsack (Halle/S.) führte dann unter dem interessanten Titel „Glücklich sind die Zikaden, denn ...“ - sie haben stumme Weiber: einem wohl klassischen Zitat - fort; ein Schelm, wer Arges dabei dachte. Zumindest ließen die Ausführungen auf ein durchaus ereignisreiches Entomologenleben schließen. Danach brachte Dr. Volker Neumann (Salzatal/OT Lieskau) unter dem Titel „Bemerkungen zur Verbreitung und Entwicklung des Biberkäfers Platypsyllus castoris Ritsema, 1869“ eine zusammenfassende Darstellung zum kommensalisch lebenden Winzling zu Gehör, welcher heute noch nicht weiß, ob er nun Käfer oder Laus ist - auch die Wissenschaft tat sich hiermit lange Zeit recht schwer.

Nach der Mittagspause blieb Prof. Thomas Schmitt, der Leiter des traditionsreichen Deutschen Entomologischen Institutes (jetzt SDEI, S = Senkenberg) seiner Vortragsankündigung „Ökologie und Biogeographie der Tagfalter und Widderchen der westlichen Algarve (Südportugal)“ glücklicherweise nicht ganz treu: die wunderhübschen Bilder und intensiven fachlichen Erläuterungen zu den diversen „Schuppentieren“ waren mit Abbildungen eindrucksvoller Vertreter anderer Taxa durchsetzt. Das Herz konnte insbesondere ein Scarites cyclops erwärmen, zu welchem einige der Fachkollegen der EVSA eine durchaus innige Beziehung pflegen. In der Folge brachte Peter Göricke (Ebendorf) allen die „Binnendünen im Urstromtal der Elbe in Sachsen-Anhalt - hotspots der Wanzenfauna Deutschlands“ nahe. Eine nicht ganz einfache Aufgabe beim sogenannten „Ungeziefer“: allerdings konnte die zarte Galeatus affinis schon entzücken! Genauso war es mit den vorgestellten Spezialisten aus Kiefernzapfen oder am Silbergras. Man spürte, dass der Referent für seine Artengruppe „brennt“, er vermittelte die Formenvielfalt sehr einprägsam und mit großem Engagement. Hier beeindruckte insbesondere die Wiederherstellung der Binnendüne Aken, einem klassischen Eldorado vieler Coleopterologen, welcher er in enger Zusammenarbeit mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Anhalt-Bitterfeld (Leiter: Andreas Rößler) wieder neues Leben einhauchte. Dr. Peer Schnitter (LAU, Halle/S.) stellte die Gemeinschaftsarbeit vieler Fachkollegen im Beitrag „Zur Entomofauna der Colbitz-Letzlinger Heide“ vor. Ende des Jahres wird die EVSA in Kooperation mit der Bundesforst, der Bundeswehr und dem Landesamt für Umweltschutz auf über 400 Druckseiten eines Sonderheftes die Ergebnisse langjähriger faunistischer Untersuchungen auf dem aktiven Truppenübungsplatz präsentieren können.

Prof. Holger Dathe (Müncheberg) setzte nach der Kaffeepause fort und referierte, gewohnt routiniert und kenntnisreich, zum Thema „Die Europäische Rote Liste der Bienen, veröffentlicht 2014 von der Internationalen Union zum Schutz der Natur (IUCN)“. Wildbienen sollten perspektivisch immer mehr an Bedeutung gewinnen, auch deshalb sind gut ausgebildete Artgruppenspezialisten dringend erforderlich. Die Wissenschaftspolitik sollte sich angesichts der aktuellen „trendigen“ Biodiversitätsdiskussionen des Themas eindringlicher annehmen. „Bericht über eine Tagung zur wissenschaftlichen Nutzung von Insekten“ - Dr. Michael Wallaschek hatte sich dieser Veranstaltung angenommen und zeigte die Vor- und Nachteile der neuen „Ernährungsphilosophie“ sehr deutlich auf. Die Wirtschaft sieht mit großem Interesse neue Arbeitsfelder - in der rechtlichen Regelung und Umsetzung liegen aber noch gravierende Probleme, die den geneigten Zuhörer doch eher glücklich zurückließen: ein gutes Rinderfilet erscheint (noch?) bekömmlicher als ein Fliegenmaden-Hacksteak.

Die Tagung wurde durch den interessanten Vortrag „Pleistozäne Libellen. Neues aus der kaltzeitlichen Fossilllagerstätte Starunya, Ukraine“ von Dr. Thomas Brockhaus (Jahnsdorf/Erzgebirge) abgerundet. Der Vortragende näherte sich dem Thema nicht nur mittels klassischer entomologischer, sondern eher mit den kriminalistischen Methoden eines gewieften Detektives. Eine äußerst spannende Zeitreise, ergänzt durch den derzeitigen politischen Cocktail vor Ort. Noch ist die Arbeit nicht abgeschlossen. ...

Final darf allen Beteiligten, insbesondere den Herren Prof. Bernhard Klausnitzer, Dr. Werner Malchau und Andreas Schöne ganz herzlich für die intensive Vorbereitung und Durchführung der Tagung gedankt werden. Gemeinschaftstagungen dieser Qualität sind sicher immer wieder ein Gewinn!

Dr. Peer Schnitter & Dr. Timm Karisch

Bildergalerie

alle Bilder Thomas Lehmann

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